Genderbudgeting umsetzen: Frauenorganisationen fordern mehr Geld für Gleichstellung
Vor der Budgetrede von Finanzminister Gernot Blümel im Nationalrat haben die im Österreichischen Frauenring vertretenen Frauenorganisationen am 14. Oktober 2020 mehr Geld für Gleichgestellung und Gewaltprävention eingefordert. Das Budget solle von zwölf auf 210 Millionen Euro erhöht werden, so die Forderung des Frauenrings, dem auch die Katholische Frauenbewegung Österreichs angehört.
Die Frauenvertreterinnen kritisierten, dass die Bundesregierung bei der Bekämpfung der Wirtschaftskrise zu wenig auf Frauen Rücksicht nehme.
Frauen seien jene gewesen, die die Gesellschaft während des Lockdown im Frühling diesen Jahres am Laufen gehalten hätten, so die Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, Klaudia Frieben, bei einer Online-Pressekonferenz am 14. Oktober: „Viele Maßnahmen der Regierung mussten sie schultern". Als Danke bekämen die Frauen zwar Applaus, aber keine finanzielle Unterstützung von der Regierung außer "Almosenpolitik". Beim Familienhärtefond sei etwa nicht ersichtlich, wie Leistungen berechnet und ausbezahlt würden, so Frieben. Zudem kritisierte sie, dass es keine Rechtsansprüche auf Sonderbetreuungszeit bei Schulschließungen oder auf Freistellung bei Schwangerschaft gebe.
Positiv beurteilte die Vorsitzende des Frauenrings die Corona-Arbeitsstiftung der Bundesregierung: Jedoch könne man "aus dem Ministerratsvortrag nicht herauslesen, dass es spezifische Maßnahmen für Frauen gibt. Wir sollten darauf schauen, dass in Zukunft in die sozialen Dienstleistungen investiert wird." Zudem brauche es sofort verbindliche frauenpolitische Maßnahmen, um deren Verluste seit dem Lockdown zu beseitigen.
210 Millionen Euro für mehr Gleichstellung und Gewaltprävention
"Wir verlangen mehr Geld für Gleichstellungspolitik und Gewaltprävention", konkret 210 Millionen Euro, sagte die Geschäftsführerin der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser, Maria Rösslhumer. Gewalt beginne nicht erst, wenn die Frau misshandelt werde. Die Ursachen lägen in der fehlenden Gleichstellung von Männern und Frauen. Sie begrüße zwar, dass Frauenhäuser durch Projektförderungen des Bundes ihre Online-Betreuungen ausbauen konnten. Aber "Opferschutzvereine seien keine Projekte, sondern bräuchten eine abgesicherte Grundfinanzierung. Die Vereine leisten einen wesentlichen Beitrag zur Gleichstellung und Prävention von Gewalt an Frauen." Die im März von der Regierung beschlossene Erhöhung des Frauenbudgets von zehn auf zwölf Millionen Euro decke nur die Inflation ab.
Transparenz bei der Mittelverteilung
In der Theorie sei Österreich Vorreiter in der Gleichstellungspolitik, erklärte die stellvertretende Vorsitzende des Frauenrings, Christa Kirchmair. Seit 2009 ist das Prinzip des "Gender Budgeting" in der Verfassung verankert. Gemäß Art. 13 Abs.3 des Bundesverfassungsgesetzes (B-VG) haben Bund, Länder und Gemeinden bei der Haushaltsführung "die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern anzustreben." In der Praxis hinkt Österreich diesem Ziel aber hinterher. 2018 waren die Bruttostundenverdienste von Frauen um 19,6 Prozent niedriger als jene von Männern. Im EU-Durchschnitt ist der Gender Pay Gap mit 14,8 Prozent niedriger. Kirchmair erwartet sich daher von der Bundesregierung Transparenz in der Mittelverteilung, um Gender Budgeting wirksam umzusetzen.
"Feministisches Konjunkturpaket"
Ein "feministisches Konjunkturpaket" zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise forderte Elisabeth Klatzer von der Initiative "Femme Fiscale", die sich für "geschlechtergerechte Steuer-und Budgetpolitik" einsetzt. Zwölf Milliarden Euro sollten dafür von der Bundesregierung aufgebracht werden. Darunter fallen Investitionen in Kinderbetreuung und Ganztagsschule, Pflege sowie eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes und der Mindestsicherung. Allein 180.000 Jobs könnten durch entsprechende Investitionen in Kindergärten und Pflege geschaffen werde, rechnete Klatzer vor. Derzeit läuft eine Online-Petition, über die Unterschriften für das „feministische Konjunkturpaket“ gesammelt werden (Infos s.u.).
Allgemein wünschen sich die Vertreterinnen des Österreichischen Frauenrings mehr Einbindung in die Frauenpolitik der Bundesregierung. Dies forderte auch die SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek: "Die Frauenorganisationen und Gewaltschutzeinrichtungen müssen viel stärker in die Krisenbewältigung miteinbezogen werden. Durch ihre tägliche Arbeit zur Unterstützung von Frauen wissen sie am besten, was es dringend braucht", so Heinisch-Hosek.
(APA/red)
Zum Nachhören: Ö1-Mittagsjournal vom 14.10.2020 zur Online-Pressekonferenz des Österreichischen Frauenrings:
https://radiothek.orf.at/oe1/20201014/607481/1602670415000
Informationen zum „feministischen Konjunkturpaket“ und der dazugehörigen Online-Petition: