P. Franz Helm SVD - Predigt zum Jubiläum „70 Jahre kfbö“
Liebe Frauen!
In diesem Dankgottesdienst zum 70-Jahr-Jubiläum als kfb (Katholische Frauenbewegung) ist uns das Wort Gottes als Wegweisung und Ermutigung geschenkt. So wie in vielen anderen Gottesdiensten. Dieses wirkmächtige Wort ist uns wohl vertraut durch Gottesdienste und Bibelgruppen, die in so vielen Pfarren wesentlich von Mitgliedern der Katholischen Frauenbewegung gestaltet und getragen werden.
I - Wohnungen im Haus des Vaters…
Heute spricht Jesus uns zu: Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen…. Er spricht vom Bürger- und Wohnrecht für alle, die ihm nachfolgen, Arme genauso wie Reiche, Frauen genauso wie Männer. Er spricht von Wohnungen… nicht von Luxusflats und Substandardwohnungen, je nach Einkommen oder Vermögenslage. Die Fülle des Lebens, das Wohnen bei Gott, kennt keine Standes- und Klassenunterschiede, keine Gendergaps.
„Wir wollen Leben auf der Erde, im Himmel haben wir es schon!“ – Dieser Slogan der Arbeiterbewegung in Brasilien, vor 30 Jahren, kommt mir in den Sinn. Das Himmelreich mit Wohnrecht und Würde für alle – es ist nicht etwas, was irgendwann nach einem Leben in Unterdrückung und Ausbeutung hier auf Erden im Himmel wartet. Das Himmelreich ist schon da - oder dort ist es auch. Mitten unter uns will es erkannt werden, anbrechen und sich Raum schaffen. Gott sei Dank ist euch, liebe Frauen, das bewusst, wie es auch den Gründerinnen der Frauenbewegung bewusst war. Und ihr setzt euch solidarisch dafür ein, dass Frauen gleichberechtigt wohnen können in der Gesellschaft und in der Kirche.
Noch etwas fällt mir da ein, von meiner Zeit in Brasilien, als junger Priester und Missionar. Wir haben den Gründonnerstag-Gottesdienst für die Gemeinde „Paraiso“ vorbereitet. Dieses „Paradies“ war ein Straßendorf mit vielen armen landlosen Bauernfamilien und einigen reicheren Familien. Es war eine der 35 Gemeinden der riesigen Pfarre Serrolândia. Nur Frauen waren zur Liturgievorbereitung gekommen. So wie jetzt bei der kfb war ich also „gesegnet unter den Frauen“. Die Frauen erzählten mir, dass wichtige Männer der Gemeinde in lange Gewänder gekleidet die Apostel darstellen würden. Und ich sollte ihnen die Füße waschen. Ich entgegnete: Aber diese Männer habe ich noch nie im Gottesdienst gesehen. Und jetzt soll ich ihnen die Füße waschen? Die Frauen zuckten mit den Schultern und sagten: Das ist Tradition hier. Das war immer so. Wenn du es anders macht, gibt es einen Aufstand. Also zog ich mit den Apostelmännern ein und wusch ihnen nach dem Evangelium die Füße. Dann fragte ich die Leute: Wer sind diejenigen in Eurer Gemeinde, die apostolisch wirken, die Gottesdienste vorbereiten, die Bibelgruppen leiten, die Kranke besuchen und den Kindern die Katechese geben? Eine Frau nach der anderen wurde genannt. Ich bat diese Frauen, nach vorne zu kommen. Ich fragte die Gemeinde: Was meint ihr? Sind das nicht die Apostolinnen von heute? Sie stimmten zu. Und ich fragte die Männer: Seid ihr bereit, diesen Apostolinnen von heute die Füße zu waschen? Sie zögerten. Und dann erhob sie sich einer, dann ein anderer. Schließlich boten alle den Frauen ihre Sitzplätze an, knieten vor ihnen nieder und wuschen ihnen die Füße.
Ihr sollt einander die Füße waschen, hat Jesus gesagt. Einander dienen. Das ist kein Programm nur für die Frauen. Es ist die Himmelsleiter für alle. Für eine neue Welt, die jetzt schon anbrechen will, in unserer Mitte. Und die Kirche ist nach der Lehre des 2. Vatikanischen Konzils dafür als Grundsakrament Zeichen und Werkzeug.
II – Die kfb und ihre Sendung
Ohne die kfb-Frauen würde das kirchliche Leben in vielen Pfarren praktisch stillstehen – das hat mir der geistliche Assistent der kfb der Diözese Linz Hans Padinger einmal gesagt. Und ich füge hinzu: Ohne das Engagement der kfb-Frauen wäre das Wirken der Kirche als Zeichen und Werkzeug der Liebe Gottes defizitär. Die kfb muss immer wieder die Stimme erheben und unbequem sein, wenn das von der ganzen Kirche zu wenig gelebt wird, was wir in der Lesung aus dem Ersten Petrusbrief gehört haben:
„Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das Gottes besonderes Eigentum wurde – DAMIT ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat!“
Ich freue mich immer, wenn ich bei der Taufe einem kleinen Mädchen zusagen darf: Du bist Priesterin, Königin, Prophetin. Das ist deine Bestimmung! Niemand darf dir einreden, dass Du nicht direkten Zugang zu Gott hast. Niemand darf über dich herrschen. Du darfst, ja du musst frei hinaussagen, was du als richtig erkannt hast. In dieser Würde und Freiheit der Kinder Gottes darfst du, Frau, leben und kämpfen.
Ich finde es bewundernswert, wie vielfältig dieser Kampf, dieser Einsatz durch euch Frauen der kfb ist, und das seit 70 Jahren. In wechselnden gesellschaftlichen und kirchlichen Verhältnissen lebt ihr euer Apostolat. Ihr seid Apostolinnen. Wie Magdalena geht ihr - von Jesus gesandt – hin zu seinen Brüdern und tretet ein für ein Leben in Würde und Gleichberechtigung für alle. Für eine Kirche mit * den Frauen seid ihr vor einem Jahr nach Rom gepilgert. Und wenn es auch monatelang unsicher war, ob der dort übergebene Brief auch wirklich beim Papst angekommen ist, habt ihr nicht locker gelassen. So wie ihr Frauen Gott sei Dank nie locker lasst, wenn es um Gerechtigkeit, um Menschenwürde und die Rechte der Frauen geht, die allzu oft noch immer mit Füßen getreten werden. Ihr setzt euch durch den Familienfasttag ein für Frauen in Ländern des globalen Südens. Ihr verbindet euch mit Frauen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen und kämpft mit ihnen zusammen für Frauenrechte und Partizipation. Und ihr wisst zu leben, zu beten und zu feiern, geerdet und mit allen Sinnen, in schwesterlicher Weggemeinschaft mit anderen Frauen und mit solidarischen Männern und in mütterlicher Sorge für das bedrohte und geschundene Leben auf unserem Planeten Erde, für Heimatlose und Flüchtlinge.
III - Lebendige Steine…
„Ihr werdet die Werke vollbringen, die ich vollbringe“ hast Jesus im Evangelium gesagt. Ihr Frauen der kfb tut das seit 70 Jahren, und dafür danken wir heute Gott aus ganzem Herzen. Aber was heißt diese rätselhafte Andeutung Jesu im heutigen Evangelium: „Und ihr werdet noch größeres Vollbringen!“ Könnte damit auch die Gleichberechtigung der Frau in der Gesellschaft und in der Kirche gemeint sein?
Nobelpreisträgerin Malala Yousafzai, das mutige muslimische Mädchen aus Pakistan, eine Kopftuchträgerin nebenbei bemerkt, hat einmal gesagt: „Einem Mädchen ist nicht vorherbestimmt, eine Sklavin zu sein. Es muss vorwärts gehen in ihrem Leben. Es ist nicht nur eine Mutter, nicht nur eine Schwester, nicht nur eine Ehefrau – es sollte eine Identität haben und anerkannt werden, mit den gleichen Rechten wie ein Junge.“ Mit eurer unverwechselbaren Identität seid ihr, liebe Frauen, lebendige Steine im Bau der Kirche. Ihr seid auf das Fundament der Apostel und der Apostolinnen gebaut, vor allem auf das Fundament von Frauen wie Maria, die Mutter Jesu, in deren Heiligtum wir das Jubiläum der kfb feiern, von Frauen wie die Hl. Maria Magdalena, die Apostolin der Apostel, oder wie die Hl. Katharina von Siena, die Weggefährtin und Patronin der kfb. Auf das Fundament vor allem auch jener Frauen, die vor euch das Apostolat der KFB mit Leben und Herzblut erfüllt haben. Und ihr baut weiter, zusammen mit so vielen anderen Frauen, am Bau der Kirche, an der Wohnung Gottes mitten unter den Menschen. Ihr baut am Lebens- und Wohnrecht für alle Frauen und für alle benachteiligten Menschen in Kirche und Gesellschaft.
Ich lade jetzt Vertreterinnen aus allen Diözesen ein, dass sie mit Steinen nach vorne kommen und daraus ein Fundament bauen für eine Kirche der Inklusion, der Gleichberechtigung und der Solidarität mit den Benachteiligten. Bitte kommt und sagt uns, was Frauenleben stärkt in Euren Diözesen, und wie das Reich Gottes in eurer Mitte erfahrbar ist.
Maria Plain, 12.5.2017